Die hamstergerechte Bewirtschaftung dieser sogenannten "In-Situ Schutzfläche" („im natürlichen Lebensraum“) führte zu mehreren Nachkommen der akut vom Aussterben bedrohten Tiere. Mit den gewonnenen Erkenntnissen wird nun der Schutz der kleinen Nager weiter verbessert.
Feldhamster auf Roter Liste
Der Feldhamster gehört inzwischen zu den meist gefährdeten Säugetieren Westeuropas und steht ganz oben auf der Roten Liste Deutschlands. In diesem Jahr wurde er sogar in die Rote Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) aufgenommen. In Rheinland-Pfalz wurden die letzten bekannten Vorkommen schwerpunktmäßig in Rheinhessen zwischen Mainz, Alzey und Worms erfasst.
Die Gründe für den Rückgang liegen in der veränderten Landwirtschaft mit Monokulturen, intensivierter Landnutzung und neuen Anbau- und Erntemethoden. Aber auch die globale Erwärmung und der anhaltende Flächenverbrauch für Siedlungen, Industriegebiete und Infrastruktur setzen dem Hamster zu.
"Der Feldhamster hat sich von einem häufigen Bewohner auf den Feldern zu einem "Sorgenkind" des Naturschutzes gewandelt. Wir müssen hier gegensteuern, ansonsten ist der Feldhamster bald nur noch im Zoo zu bestaunen", so Sabine Riewenherm, Präsidentin des Landesamtes für Umwelt (LfU).
Mit den Erfahrungen aus dem eigenen Artenhilfsprogramm Feldhamster berät das LfU inzwischen zahlreiche Kommunen und Behörden bei der Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz des Feldhamsters. "Denn erfolgreicher Hamsterschutz kann nur gelingen, wenn die Landschaft zumindest in Teilen lebenswert für die kleinen Nager gestaltet ist. Hierzu braucht es die Unterstützung von Flächeneigentümern und Flächeneigentümerinnen und Bewirtschaftern und Bewirtschafterinnen. Wir freuen uns daher über das Engagement der Stadt Mainz, die Anfang dieses Jahres gerne einer ihrer Flächen für Soforthilfsmaßnahmen zur Verfügung gestellt hat", so Riewenherm.
Pilotprojekt in Mainz-Ebersheim zum Schutz der Feldhamster
Die landwirtschaftliche Fläche in der Nähe von Mainz-Ebersheim wurde zum Schutz vor Fressfeinden eingezäunt und hamstergerecht bewirtschaftet. Die Maßnahme wurde gemeinsam mit LfU, SGD Süd und dem Hamsterbetreuer Holger Hellwig entwickelt, umgesetzt und fachlich begleitet.
Die SGD Süd beauftragte ihren langjährigen Feldhamsterbetreuer mit der Einrichtung einer sogenannten "In-Situ Schutzfläche". Der SGD Süd-Präsident Hannes Kopf erläutert: "Dazu wurde eine Vertragsnaturschutzfläche der Stadt mit Feldhamstervorkommen mit Getreide eingesät und einem elektrischen Weidezaun umgeben. Dieser sollte die Räuber, im Wesentlichen die zahlreichen Füchse, davon abhalten, die vorhandenen Feldhamster und ihre Nachkommen zu dezimieren. Der Zaun war dann regelmäßig auf seine Funktionsfähigkeit zu kontrollieren." Zählungen durch den Betreuer belegten die erfolgreiche Vermehrung und den Schutz der Tiere. Die Maßnahme soll fortgesetzt und ausgeweitet werden.
Gemeinsames Projekt bietet Chance für die Zukunft
Das Feldhamsterschutzkonzept der Stadt Mainz wurde bereits 2007 entwickelt. Es behält stadtweit die für den Hamster relevanten Flächen im Blick und versucht gemeinsam mit dem Vertragsnaturschutz, also der Landwirtschaft, einen geeigneten Flächenbestand aufzubauen. Kontinuierlich hat die Landeshauptstadt Mainz die Anzahl der Tiere erheben lassen. Ein Glücksfall für die Stadt Mainz war, dass seit 2018 die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz auf Bitten der Umweltdezernentin hin in den Hamsterschutz eingestiegen ist, so dass der Hamsterschutz bis 2023 mit Stiftungsmitteln gesichert ist. Umweltdezernentin Katrin Eder: "Der Hamster ist akut bedroht. Alle Maßnahmen der vergangenen Jahre waren aufgrund der Verkleinerung des Lebensraums und der intensiven Bewirtschaftung nicht wirklich erfolgreich. Durch das gemeinsame Projekt mit einem Ebersheimer Landwirt, der SGD Süd und dem Landesamt für Umwelt konnten wir zeigen, dass es eine Chance gibt über eine andere Bewirtschaftung den Erhalt einer vom Aussterben bedrohten Art zu sichern. Hier gilt es nun für die Zukunft zu überlegen, wie man die Erkenntnisse aus dem Projekt in künftige Überlegungen für das Gebiet einbezieht, dass ein Überleben des Hamsters gelingen kann."
Hintergrund
Um den Artenschwund zu stoppen, hatte das Landesamt für Umwelt bereits 1996 eine Studie über das Vorkommen in Auftrag gegeben, aus dem das Artenhilfsprogramm Feldhamster entstand. Das Ziel ist es, gemeinsam mit den Landwirten den Fortbestand des Hamsters zu sichern. Landwirte und Landwirtinnen erhalten über die SGD Süd einen finanziellen Ausgleich, wenn sie Hamsterbaue melden und Schutzmaßnahmen durchführen.
Die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU) setzt seit 2018 das bundesweite Projekt Feldhamsterland in Rheinland-Pfalz um. Es ist ein Projekt des Bundesamtes für Naturschutz, welches im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) gefördert wird. Das Pilotprojekt hat die Erfassung der Feldhamster-populationen sowie deren Schutz durch Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft und Ehrenamtlichen, zum Beispiel bei der Erfassung der Feldhamsterbaue, zum Ziel. Sobald bekannt ist, wo die letzten Feldhamster vorkommen, setzen Landwirte und Landwirtinnen Schutzmaßnahmen für die Feldhamster um.
Gemeinsam werden im Pilotprojekt die Schutzmaßnahmen weiterentwickelt. Gleichzeitig begleitet das Senckenberg Institut das Projekt wissenschaftlich indem es genetische Proben der Feldhamster auswertet. Auf diese Weise kann festgestellt werden, wie stabil die Feldhamsterpopulationen in Rheinland-Pfalz noch sind. Die Stiftung unterstützt die Behörden mit den Erkenntnissen aus dem Projekt.