Treffen der Internationalen Kommissionen zum Schutz der Fließgewässer
Internationale Zusammenarbeit europäischer Flussgebietsgemeinschaften
"Wasser kann Konflikte und Risiken mit sich bringen, aber es kann auch eine Verbindung zwischen Ländern sein, um sich gegenseitig besser kennen zu lernen." meinte Arnould Lefébure, der Geschäftsführer der Internationalen Schelde-Kommission bei einer kurzen Vorstellungsrunde. Er war einer von 14 Teilnehmern des Treffens der Vertreter der zehn Internationalen Flussgebietsgemeinschaften, das vom 21. bis 23. August 2019 stattfand. Nach den Grußworten von Wasserdirektor Dr. Erwin Manz aus dem Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, durften vor allem die Gäste aus dem europäischen Ausland bei einer Fahrt auf der "MS Burgund" die Schönheit des Mittelrheintals bei herrlichem Sommerwetter bewundern.
Während das Treffen dem guten Zweck des gegenseitigen Gedanken- und Wissensaustausches diente, wurde aber auch klar, dass die herrlichen Sommertage auch ihre Schattenseiten haben. So kann der Zugang zu sauberen Trinkwasser nicht nur ein Problem Afrikas und der südlichen Länder sein, sondern auch in Mitteleuropa erhebliche Veränderungen mit sich bringen.
Die Schelde – ein Niedrigwasserproblem und seine Lösungsansätze
Herr Lefébure macht im Laufe des Erfahrungsaustausches deutlich, wie problematisch die heißen, trockenen Sommer für die fast 1,4 Millionen Anwohner der Schelde-Region sind: "Wir haben zwar noch etwas über 200 Regentage, aber dabei nur noch 800 Milliliter Niederschlagsmenge. Dabei benötigen wir mindestens eine durchschnittliche Niederschlagsmenge von fünf Millilitern pro Regentag um den Grundwasserspiegel wieder auszugleichen und einen Normalpegel am Fluss zu halten." Da die Temperatur- und Niederschlagsentwicklungen der letzten Jahre nicht auf eine Änderung des Niederschlagstrends hinweisen werden nun verschiedene Maßnahmen zur Sicherstellung des Grundwasserbedarfs getroffen. So kommen beispielsweise Rückhaltebecken der nahegelegenen Maas zur Wasserversorgung in Frage, daneben sollen "überschüssige Mengen" anwohnerschwacher Regionen mittels Rohrleitungen in stärker bewohnte Gebiete gebracht werden. Als letzte und teuerste Maßnahme wird über Entsalzungsanlagen nachgedacht, um aufbereitetes Meerwasser nutzbar zu machen.
Niedrigwasser-Monitoring: Daten und Fakten aus der Mosel-Saar-Region
Das heißere Klima und seine Auswirkungen waren ein großer Schwerpunkt des Treffens. Hierbei bewies sich vor allem die Internationale Kommission zum Schutz von Mosel und Saar (IKSMS) als sehr fortschrittlich. Ulrich Honecker, ein Mitglied der Kommission, stellte den hochinteressierten Vertretern der anderen Flussgebietsgemeinschaften den Entwurf einer gerade im Aufbau befindlichen Web-Anwendung zur Beurteilung von Niedrigwassersituationen vor. Das Werkzeug ist das Ergebnis eines Beschlusses der französischen, luxemburgischen, wallonischen und deutschen Delegation aus dem Jahr 2014. Die Flussgebietsgemeinschaft hat damit als erste auf die Niedrigwasser¬problematik der Jahre 2003 und 2011 reagiert. Daniel Assfeld, der Vorsitzende der Internationale Kommission zum Schutz von Mosel und Saar, zeigt an Hand dieser Maßnahme, wie wichtig der rege Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Kommissionen ist: "Die Mosel und Saar sind wegen der Stauhaltung zwar weniger vom Niedrigwasser betroffen, die kurzen Wege zwischen den Behörden und die gute Zusammenarbeit zwischen den Ländern bieten jedoch den idealen Rahmen um Erfahrungen zu sammeln und Strukturen aufzubauen, die auch von den anderen übernommen werden können." So dürfen sich wahrscheinlich in Kürze auch die Vertreter der anderen Flussgebietsgemeinschaften auf eine funktionierende Software freuen, die ihnen im Rahmen der Kooperationen kostengünstig zur Verfügung gestellt werden kann.
Biologische Trends im Rhein – Was haben wir erreicht und was bleibt zu tun?
Auch das Landesamt für Umwelt war bei dem internationalen Treffen mit einem Gastbeitrag vertreten, der auf reges Interesse gestoßen ist. Der Gewässerschutz-Abteilungsleiter Dr. Jochen Fischer stellte die heutigen Biomonitoring-Aktivitäten am Rhein vor und zeigte Entwicklungstendenzen für verschiedene Organismengruppen auf, insbesondere zur Fischfauna, zu der Lebensgemeinschaft der wirbellosen Tiere und zu den Wasserpflanzen. Anschaulich präsentierte er dabei, wie aus der Kloake Rhein aus den 1960er Jahren ein "Ökowunder" wurde. Bei der Fischfauna weist der Fluss fast wieder die gleiche Artenvielfalt wie zu Beginn der Industriellen Revolution auf, allerdings ist die Häufigkeitsverteilung der Arten heute eine andere. Dafür gibt es zwei Hauptgründe. Der eine ist die starke Reduzierung der Belastung des Flusses durch Industriechemikalien seit den 1990-ziger Jahre. Der zweite Grund liegt im erfreulich hohen Sauerstoffgehalt des Rheins, in dem sich die starken Bemühungn bei der Reinigung von kommunalem Abwasser widerspiegeln. Die gute Sauerstoffversorgung sorgt dafür, dass auch bei Niedrigwasser und hohen Temperaturen im rheinland-pfälzischen Rheinabschnitt bisher kein außergewöhnliches Fischsterben stattgefunden hat.
Lehren aus der Vergangenheit: bessere Kommunikation und mehr Technologie
Als Wende in der Umweltpolitik sieht Dr. Fischer das Jahr 1986 an. Hier kam es zum Sandoz-Brand am Rhein, bei dem 30 bis 40 Tonnen hochgiftiger Chemikalien in den Rhein gelangten und ein deutlich sichtbares Fischsterben auf fast 400 Kilometer Länge mit sich brachte. In der Folge haben die Rheinanliegerstaaten Staaten übergreifende, effektive Schutzprogramme für den Rhein erstellt. Daneben wurde ein dichtes Netz von Untersuchungsstationen aufgebaut, deren Daten auch über die Ländergrenzen hinaus von den Experten jederzeit aufgerufen werden können. Beim Land Rheinland-Pfalz wurde zusätzlich mit dem Mess- und Laborschiff "MS Burgund" die technischen Möglichkeiten geschaffen, um schnellere Analysen vor Ort durchzuführen. Dank des Greifarms können Sedimentproben bis zu einer Tiefe von 5-6 m entnommen werden und somit die am Gewässergrund lebenden Arten erfasst werden. Dieses technische Möglichkeit ist eine wichtige Grundlage zur qualitativen und quantitativen Bewertung des ökologischen Zustands in großen Flüssen wie dem Rhein.
Die aktuelle EG-Wasserrahmenrichtlinie: Handlungsbedarf schneller erkennbar
Für die Bewertung der Gewässer wurde mit der EG-Wasserrahmenrichtlinie im Jahr 2000 auf neue Füße gestellt und europaweit harmonisiert. Danach wird nicht nur die Gewässerverschmutzung bewertet, sondern auch Lebensraumqualität für verschiedene Organismengruppen gewässertypspezifisch betrachtet. So werden etwa die Fische als besonders gute Indikatoren für morphologischen Veränderungen angesehen. Bestandsveränderung bei Wanderfischen können Aufschluss darüber geben, wo noch Hindernisse für die Fische sind und Handlungsbedarf – beispielsweise durch den Bau einer Fischtreppe – besteht.
Folgen der Verbindung von Wasserstraßen durch Kanäle
Wesentliche Veränderung in der Artenzusammensetzung brachten daneben auch die vom Menschen geschaffenen Verbindungen zwischen ursprünglich getrennten großen Flusssystemen. So gelangen beispielsweise über den Rhein-Donau-Kanal zahlreiche Donaubewohner in den Rhein. Die tierischen "Neubewohner", als Neozoen bezeichnet, erhöhen zwar die Artenvielfalt, bringen aber auch Probleme mit sich. So gibt es bestimmte Muschelarten, die zur Massenvermehrung neigen und dabei Saugrohre bei den Schiffen verstopfen. Daneben haben neue Arten manchmal keine natürlichen Feinde in der Neuregion und werden somit zur invasiven Art, die dominant wird und heimische Tierarten verdrängt.
Links zu den teilnehmenden Internationalen Kommissionen zum Schutz der Gewässer
- Internationale Kommission zum Schutz der Elbe
- Internationale Kommission zum Schutz der Oder gegen Verunreinigungen
- Internationale Kommission zum Schutz der Mosel und der Saar
- Internationale Kommission zum Schutz des Rheins
- Internationale Schelde-Kommission (nicht in deutscher Sprache)
- Internationale Kommission zum Schutz der Maas (nicht in deutscher Sprache)
- Internationale Kommission für das Save-Einzugsgebiet (nicht in deutscher Sprache)
- Internationale Kommission zum Schutz der Donau (nicht in deutscher Sprache)
- Internationale Kommission zum Schutz des Genfer Sees (nicht in deutscher Sprache)
- UNECE (nicht in deutscher Sprache)