Gewässerversauerung – eine deutlich verbesserte, aber immer noch aktuelle Problematik
Bericht "Gewässerschutz und Luftschadstoffe" veröffentlicht
Gewässerversauerung – ist das nicht wie „Saurer Regen“ ein in zurückliegenden Jahrzehnten erledigtes Thema? Könnte man meinen – doch das Problem ist nur kleiner geworden, aber noch aktuell. Klar wird dabei auch: die zurzeit viel diskutierten Stickoxide (NOx) sind nicht nur für die Qualität der Stadtluft ein Problem, sondern auch für versauerungsempfindliche Landschaften, wie die Quarzit-Höhenlagen des Hunsrücks. Denn trotz eines allgemeinen Rückgangs von versauernd wirkenden Luftschadstoffen aus Verbrennungsprozessen durch Industrie und Verkehr sowie Ammoniakemissionen aus der Landwirtschaft, gibt es auch in Rheinland-Pfalz noch durch Säureeinträge aus der Luft beeinträchtigte Bäche. Das Charakteristikum anthropogen versauerter Gewässer sind dauerhaft oder phasenweise niedrige pH-Werte um 4,5-5,5 unter Mobilisierung toxischer Metallkonzentrationen. Beides bewirkt eine gewässerökologische Verödung.
Das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz untersucht die Entwicklung der Gewässerversauerung von neun kleinen Waldbächen im Soonwald und im Nationalpark Hunsrück-Hochwald. Hierzu werden seit Mitte der 1980er-Jahre dort monatlich Wasserproben entnommen und auf chemische Inhaltsstoffe analysiert. Auch die Entwicklung der Bach-Wirbellosen wird dokumentiert. Nach über 30 Jahren Beobachtungszeit kann einerseits eine positive Zwischenbilanz gezogen werden. Die pH-Werte steigen, typische Versauerungs-Kenngrößen wie Sulfat und Aluminium-Konzentrationen nehmen signifikant ab. Einige Bäche sind wieder etwas artenreicher besiedelt. Beispiel: der gegen Versauerung empfindliche Bachflohkrebs (Foto) hat in einem Fall seit ca. 2015 wieder Fuß gefasst, in der Mehrheit der Untersuchungsbäche fehlt er aber noch. Der Bericht zeigt im Detail mittels statistisch fundierter Zeitreihenanalysen der typischen Versauerungs-Kenngrößen, wie sich die zum Teil äußerst langsame chemische und gewässerbiologische Erholung der kleinen Waldbäche darstellt. Andererseits: Bei einigen Kenngrößen wie z. B. dem Nitrat gibt es auch Stagnation und uneinheitliche Tendenzen. Die Mehrheit der Bäche hat sich auch nach 30 Jahren in ihrer biologischen Wiederbesiedlung zwar graduell aber noch nicht entscheidend erholt. Sie weisen ein Artendefizit von rund 30-60 % im Vergleich zu intakten, unversauerten Bächen im Schiefergebirge auf. Ein Nebenprodukt der Langzeituntersuchung ist der statistisch signifikante Nachweis ansteigender Wassertemperaturen als Folge des Klimawandels, die im Bericht "Gewässerschutz und Luftschadstoffe – 30 Jahre Monitoring versauerter Waldbäche in Rheinland-Pfalz" ebenfalls dokumentiert sind.
Die Zwischenbilanz zeigt, Versauerung von kleinen Fließgewässern ist auf mindestens 5 % der Landesfläche von Rheinland-Pfalz (Quarzituntergrund) noch ein Thema. Der Bericht verdeutlicht, wie wichtig es ist, Langzeitmonitoring zur Umweltbeobachtung einzusetzen und über die Jahrzehnte konsequent – auch gegen phasenweise verschiedene Widerstände – durchzuhalten. Seit 2016 besteht durch die Richtlinie über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (NEC-Richtlinie 2284, 2016) eine konkrete Monitoringpflicht der Länder, die Auswirkungen von Luftschadstoffen auf Ökosysteme zu überwachen. Hier kann in Rheinland-Pfalz direkt auf das Langzeit-Messnetz der „Sauren-Bäche“ zurückgegriffen werden.
Gut zu erkennen sind hier neben einigen Köcherfliegen- und Steinfliegenlarven auch Bachflohkrebse, die erstmals 2015 in diesem ehemals versauerten Bachabschnitt nachzuweisen waren.
Im Einzugsgebiet, mit einem relativ hohen Anteil von Laubbaumbeständen hat sich im zurückliegenden Zeitraum nicht viel verändert. Das Bachtal selbst ist durch einen halbseitigen Fichtenaltbestand relativ schattig gelegen.
Die großflächige Entnahme von Fichten ist eine Voraussetzung für die Moorrenaturierung im Nationalpark Hunsrück.