Bachpatentage 2024 – Ideen und Impulse für Bachpatenschaften

Bachpatentag in Wiesbach

Der Bachpatentag im Sportheim Wiesbach bildete am Samstag, 12. Oktober, den Auftakt zu insgesamt drei Veranstaltungen des Landesamt für Umwelt (LfU) Rheinland-Pfalz, jeweils an den Oktobersamstagen. Gastgeber war die Fischereiabteilung des SV Wiesbach. Die Veranstaltung befasste sich mit kleinen Gewässer und Oberläufen und fand überregionalen Anklang - bis in den Westerwald. 

Ortsbürgermeister Klaus Buchmann begrüßte die versammelten Gäste im Wiesbacher Sportheim. Landrätin Dr. Susanne Ganster kennzeichnete die Bachpatenschaften als ,Aufgabe, die allen zugutekommt’. Sie stellte die Situation der 13 Bachpatenschaften im Landkreis Südwestpfalz dar. Verbandsbürgermeister Björn Bernhardt lobte den großen Wert der ehrenamtlichen Arbeit und dankte den versammelten Bachpatenschaften für das große Engagement sowie dem SV Wiesbach und seiner Fischereiabteilung für die Ausrichtung des Bachpatentages. Eva-Maria Finsterbusch lud als zuständige Beauftragte für Bachpatenschaften im Landesamt für Umwelt ein zu Austausch, Bericht und Gespräch. 

Georg Wagner, seit 30 Jahren in der Fischereiabteilung des SV Wiesbach aktiv, davon seit zehn Jahren in ihrer Leitung, dankte den Anwesenden aus Politik und Verwaltung sowie seinem Verein für die umfassende Unterstützung. Er berichtete vom Übergang der anfänglichen Bewirtschaftung an Wiesbach und Auerbach zur Hege, Pflege und ganzheitlicher Gewässerentwicklung, von der Ehrung der Patenschaft im Rahmen des Jubiläums ‘30 Jahre Bachpatenschaften in Rheinland-Pfalz’ 2022 durch Umweltministerin Katrin Eder in Mainz. Er schilderte die besondere Arbeit am Quellgewässer und fasste die Aufgaben der Herstellung des guten ökologischen Zustands zusammen als ‘Jede Menge Arbeit – Jede Menge zu tun’. Es ginge seiner Abteilung darum, ‘die Leute wieder dazu zu bringen, wieder etwas zu tun’. Andreas Reischmann ergänzte die Notwendigkeit, ‘hinzugehen und sich am Bach von der Situation vor Ort ein Bild zu machen’.

Der Fachvortrag von Dr. Holger Schildner, ProLimno, zeigte die große Bedeutung der Oberläufe und Kleinen Gewässer in Rheinland-Pfalz, die 70% des heimischen Gewässersystems ausmachen. Sie sind wichtige Rückzugsräume bedrohter und seltener Arten wie des Feuersalamanders, sichern die Wiederbesiedlung der Gewässer nach Trockenzeiten, sind sehr kleinteilig und durch ihre rechtliche Stellung extrem bedroht und Nutzungskonflikten unterworfen. Sie zu sichern, sei eine der Hauptaufgaben der kommenden Zeit. Gemeinsame Projekte von ARD und SWR zur Kartierung und Beobachtung schaffen hier zusätzliche Daten und öffentliches Bewusstsein in der breiteren Öffentlichkeit. 

Eva-Maria Finsterbusch berichtete über die Notwendigkeit, Gewässer gegenüber den Folgen des Klimawandels zu stärken. Beschattende Gehölze am Ufer seien absolut notwendig um der Aufheizung entgegen zu wirken. Gerade die Dürren der vergangenen Jahre haben den Landschaftswasserhaushalt aus dem Gleichgewicht gebracht. Die rückläufige Grundwasserneubildung kann vor allem mit mehr flächendeckender Regenwasserversickerung gestoppt werden. Auch zu tief ins Gelände eingeschnittene Gewässer entziehen das Grundwasser. Starkregen würde zwar in die Wasserbilanzen mit eingehen, die Wassermengen seien aber für die Grundwasserneubildung kaum nutzbar, weil es – gerade auf ausgetrockneten Böden – nicht in den Boden einsickern kann.

Die anschließende Diskussion drehte sich um die Problematik der Förderkulissen, das Spannungsfeld von gutem ökologischen Zustand, nachhaltiger Gewässerentwicklung, Kenntnisständen und technischen Gegebenheiten des Hochwasserschutzes. Sie differenzierte die unterschiedlichen Gegebenheiten von offener Landschaft und Ortslagen und zeigte den anhaltenden Bedarf nach Abstimmung der Akteure, Information und Aufklärung der Öffentlichkeit und fachlich orientierter politischer Diskussion. 

Die Exkursion an den Wiesbach verdeutlichte, wie große Buntsandstein-Findlinge aus der unmittelbaren Nachbarschaft der Wiesbacher als Strömungslenker in den Bach eingebracht werden. Andreas Reischmann vom Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken (UBZ) hatte die Exkursion vorbereitet. Wiesbach und Auerbach, seit 1980 stark verändert, haben große Potenziale der Aufwertung. Strömungslenker und Totholz tragen an den Oberläufen in der freien Landschaft aktiv sowohl zur nachhaltigen Gewässerentwicklung von Sohle, Struktur, und beschattendem Busch und Baumbestand als auch zum aktiven Hochwasserschutz in den Ortslagen bei. Eine erneute Diskussion zu Ideen und Kooperationen beschloss den Tag. 

Die kommenden Veranstaltungen: 

19. Oktober 2024, 10:00-16:00 Uhr, Münstermaifeld-Sevenich/Wierschem 

Bürgerhaus, In den Wiesen, 56294 Wierschem 

Auen und Feuchtwiesen als Hotspots der Artenvielfalt und des Wasserrückhaltes - so lautet das Thema von Dr. Holger Schindler. Jutta Paulus, Mitglied des Europaparlaments, gibt Einblick in das neue EU Nature Restoration Law. Die Bachpaten Martina und Gavin Grosvenor führen mit Andreas Frey durch das von der UN-Dekade für Biologische Vielfalt ausgezeichnete Sevenicher Tal der Barrenringelnatter. Sie berichten über ihre Erkenntnisse in der Gewässerpflege und über Flächenankauf in Kooperation mit der Kommune. Spezieller Fokus liegt hier auf Wirkung und Bedeutung von Sukzession. 


26. Oktober 2024, 10:00-16:00 Uhr, Alzey 

Stadthalle Alzey, Schießgraben, 555232 Alzey 

Der Biber als Landschaftsgestalter – Wirkung und Konflikte. Dr. Lutz Dalbeck, Biologische Station Düren, referiert über verblüffende Erkenntnisse, die aus 40 Jahren ungestörter Aktivität von Bibern im Hürtgenwald gewonnen wurden. Eva Finsterbusch thematisiert den Mehrwert von Ufergehölzen und die besondere Bedeutung von Totholz zur Stärkung der Widerstandskraft von Gewässern im Klimawandel. Bachpate Wolfgang Hähnel berichtet über seine Beobachtungen und Tätigkeiten am renaturierten Selz-Abschnitt in Alzey Schafhausen, der vom Biber bewohnt wird. Biberdamm und burg sind bei der Exkursion gut zu sehen.

Anmeldungen unter bachpatentag(at)50nord.de 

 

Bachpatenschaften

In Rheinland-Pfalz arbeiten derzeit etwa 720 ehrenamtliche Bachpatenschaften tatkräftig am Schutz und der ökologischen Verbesserung ihres Bachs und betreuen dabei rund 2.760 Kilometer Gewässer. Seit 2017 bietet das LfU engagierten Helferinnen und Helfer Bachpatentage an. Deren Ziel ist es, sich kennen zu lernen und auszutauschen, mit Expertinnen und Experten zu diskutieren und praktische Tipps und Anwendungen mit nach Hause an den Bach zu nehmen. Nach Fachvorträgen und Austausch am Vormittag führen Exkursionen nach dem Mittagsimbiss zum Patengewässer der ausrichtenden Bachpatenschaften. Die Fachreferentinnen und -referenten begleiten diese Ausflüge.