Neue Rote Liste der Farn- und Blütenpflanzen

Wildtulpe

In der neuen Roten Liste „Farn- und Blütenpflanzen Rheinland-Pfalz“ hat das Autorenteam um Hauptautor Dennis Hanselmann im Auftrag des Landesamtes für Umwelt (LfU) rund 2000 heimische Pflanzen nach ihrem Gefährdungsgrad bewertet. Beim LfU sind zudem weitere Rote Listen wie beispielsweise Geradflügler, Großschmetterlinge, Libellen oder Brutvögel verfügbar.

Die Ergebnisse

In Rheinland-Pfalz gibt es 2.167 verschiedene Arten an Farn- und Blütenpflanzen, wobei 1.964 Arten einheimisch sind und bei den übrigen 203 Arten handelt es sich um Neophyten. 651 Farn- und Blütenpflanzen gelten als bestandsgefährdet oder gelten als ausgestorben/verschollen. Die Aufteilung auf die Gefährdungskategorien ist wie folgt:

  • ausgestorben (Kategorie 0): 88 Arten, z. B. Kornrade (Agrostemma githago) 
  • vom Aussterben bedroht (Kategorie 1): 138 Arten, z. B. Sand-Lotwurz (Onosma arenaria), Kriechender Sumpfschirm (Helosciadium repens), Wassernuss (Trapa natans)
  • stark gefährdet (Kategorie 2): 217 Arten, z. B. Arnika (Arnica montana), Braunrote Ständelwurz (Epipactis atrorubens), Sibirische Schwertlilie (Iris sibirica), Trollblume (Trollius europaeus), Gewöhnlicher Schwimmfarn (Salvinia natans)
  • gefährdet (Kategorie 3): 175 Arten, z. B. Felsen-Gelbstern (Gagea bohemica), Sumpf-Wolfsmilch (Euphorbia palustris), Mückenhändelwurz (Gymnadenia conopsea)
  • Gefährdung unbekannten Ausmaßes (Kategorie G): 34 Arten, z. B. Wolliger Hahnenfuß (Ranunculus lanuginosus)

164 Farn-und Blütenpflanzen in Rheinland-Pfalz befinden sich auf der Vorwarnliste, wie z. B. die Sumpf-Dotterblume (Caltha palustris) oder die Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera). Als extrem selten gelten 78 Arten, z. B. das Affen-Knabenkraut (Orchis simia) oder der Diptam (Dictamnus albus). Für 181 Arten war gar keine Einstufung möglich. Sie werden der Kategorie D zugeordnet. Als ungefährdet gelten 906 Arten. Nicht bewertet wurden 206 Arten, hauptsächlich weil es sich um Neophyten handelt. Diese wurden konsequent aus der Bewertung ausgeschlossen. Zusammenfassend kann man die Aussage treffen, dass 33 % aller einheimischen Farn- und Blütenpflanzen in irgendeinem Maß gefährdet oder gar ausgestorben/verschollen sind. Nur noch ca. 46 % gelten als ungefährdet.

Im Vergleich zu der bundesweiten Erhebung von 1996 in Bezug auf Rheinland-Pfalz zeigt sich ein negatives Bild, da der Anteil ungefährdeter Arten weiter abnimmt. Dies entspricht auch dem bundesweiten Trend, der 2016 durch das Bundesamt für Naturschutz publiziert wurde. Besonders auffällig ist der Anstieg der Arten, die nun der Vorwarnliste zuzuordnen sind. Diese ist von ca. 1,5 auf mittlerweile 8 % aller bewerteten Arten angestiegen. Darunter sind auch allgemein bekannte Arten wie der Gewöhnliche Teufelsabbiss (Succisa pratensis) und die Kornblume (Centaurea cyanus). Insgesamt stehen 128 Verbesserungen (Abstufung in der Kategorisierung) 380 Verschlechterungen (Heraufstufung) gegenüber. Das entspricht einem Verhältnis 1:3. 

Zur Pressemitteilung des Klimaschutzministeriums

Beim LfU sind zudem weitere Rote Listen wie beispielsweise Geradflügler, Großschmetterlinge, Libellen oder Brutvögel verfügbar: weitere Rote Listen

"Jede dritte Pflanzenart in Rheinland-Pfalz gilt heute als bestandsgefährdet. In den Kategorien der Roten Liste heißt das: gefährdet, stark gefährdet, vom Aussterben bedroht oder ausgestorben. Von den etwa 2000 heimischen Pflanzenarten können weniger als die Hälfte wirklich als ungefährdet eingestuft werden. Das zeigt uns: Die Biodiversitätskrise ist alarmierend, es herrscht dringender Handlungsbedarf.“ 
Klimaschutzministerin Katrin Eder
„Rote Listen sind ein wichtiges Instrument des Naturschutzes. Sie dienen beispielsweise als Grundlage für Umweltplanungen, Bewertung von Eingriffen oder auch der Einrichtung von Pflegemaßnahmen.“
Dr. Frank Wissmann, Präsident des LfU

Steckbriefe ausgewählter Arten

Purpurfarbene Wiesenblume

Gladiolus palustris  

Allgemeines: 30-60 cm groß, auffallende purpurfarbene Blüten, Blütezeit: Juni - August
Lebensraum: kalkreiche Moorwiesen, Pfeifengraswiesen, feuchte Heiden
Vorkommen in Rheinland-Pfalz: ein kleines Vorkommen in Vorderpfalz
Bezug zur Roten Liste: galt seit den 1960er Jahren als verschollen, in den 1990er Jahren wiedergefunden (Verbesserung der Einstufung)
Wissenswertes: unterliegt nach Europäischer Naturschutzrichtlinie einem Monitoringprogramm mit regelmäßiger Bestandsüberwachung
 

Pflanze mit hellrosa Blüten

Iberis linifolia subsp. boppardensis

Allgemeines: 20-40 cm groß, weiße bis hellrosa Blüten in Köpfchen angeordnet, Blütezeit: Juni - September
Lebensraum: offene Fels- und Schieferböden an exponierten Weinhängen
Vorkommen in Rheinland-Pfalz: nur am Bopparder Hamm (Mittelrheintal)
Bezug zur Roten Liste: gilt weiterhin als stark gefährdet (keine Veränderung der Einstufung)
Wissenswertes: kommt weltweit nur in Rheinland-Pfalz vor! (endemisch)
 

Schmetterling sitzt auf lila Blüte

Succisa pratensis

Allgemeines: 15- 50 cm hoch, dunkelblaue bis lila Blüten in Köpfchen angeordnet, Blütezeit: Juli - September
Lebensraum: nährstoffarme und feuchte Standorte z. B. Moorwiesen, Bergwiesen, Magerrasen
Vorkommen in Rheinland-Pfalz: noch weit verbreitet mit vielen Vorkommen z. B. im Soonwald
Bezug zur Roten Liste: merkliche Verluste festgestellt, gefährdet durch Entwässerung und Überdüngung, nun auf Vorwarnliste (Verschlechterung der Einstufung)
Wissenswertes: Kennart von artenreichem Grünland; wichtige Nahrungsquelle für Insekten (Hummeln, Schmetterlinge, Schwebfliegen usw.), Abbissscheckenfalter (Euphydyras aurinia) benötigt Teufelsabbiss für Eiablage
 

Ein Teil der Blüte erinnert an eine Biene

Ophrys apifera

Allgemeines: 15-40 cm hoch, rosa Kronblätter, Teil der Blüte erinnert an Biene, Blütezeit: Mai - Juni
Lebensraum: kalkreiche, nährstoffarme Trocken- und Magerrasen, auch lichte Laub- und Nadelwälder z. B. Ebenberg in der Nähe von Landau
Vorkommen in Rheinland-Pfalz: weit verbreitet, v. a. an Oberrheinebene z.B. Naturschutzgebiet Ebenberg bei Landau
Bezug zur Roten Liste: Verbesserung der Einstufung, Zugewinne z. B. im Ahr- und Lahngebiet
Wissenswertes: wärmeliebende Art, Nachahmung von Insekten als Insektenmimikry bezeichnet, auch bei eng verwandten Arten wie der Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera) oder der Hummel-Ragwurz (Ophrys holoserica) bekannt
 

Schwimmblätter auf der Wasseroberfläche

Salvinia natans

Allgemeines: 5-10 cm lange Wasserpflanze mit Schwimmblättern über Wasseroberfläche und untergetauchten Wasserblättern
Lebensraum: warme, windgeschützte und nähstoffreichen Fließgewässern
Vorkommen in Rheinland-Pfalz: Altgewässer in der Oberrheinebene z. B. im Naturschutzgebiet Flotzgrün zwischen Speyer und Römerberg
Bezug zur Roten Liste: Wiederansiedlungsmaßnahmen in 13 Gewässern zwischen Altrip und Wörth Mitte der 2000er Jahre zur Bestandsverbesserung beigetragen (Verbesserung von Einstufung)
Wissenswertes: Oberseite der Schwimmblätter mit ganz vielen kleinen Härchen besetzt und mit Wachs überzogen (wasserabweisend)