Der Neuhofener Altrhein – vom Sorgenkind zu guter Wasserqualität
Wie ein See vor dem "Umkippen" geschützt wird
Bei der Seenüberwachung der Abteilung Gewässerschutz des Landesamtes für Umwelt (LfU) ist der Neuhofener Altrhein seit einigen Jahren aufgrund von Blaualgenblüten und der Gefahr des "Umkippens" im Fokus. Bei dem Neuhofener Altrhein handelt sich um einen natürlich vom Rhein abgetrennten Altrheinarm. Dieser wird hauptsächlich durch Niederschlags- und Grundwasser gespeist. Der Abfluss des Neuhofener Altrheins erfolgt über eine Schließe in den Kiefweiher, der direkt mit dem Rhein verbunden ist. Unterteilt wird der Neuhofener Altrhein in den Baggersee, das „Ochsenfeld“ und das Altwasser (siehe Übersichtskarte).
Durch frühere Abgrabung (abgeschlossene Kiesgewinnung) wurden der Baggersee und das Ochsenfeld vertieft. Derzeit verfügen sie über eine maximale Tiefe von 14 m bzw. 10 m, wodurch im Sommer eine thermisch stabile Schichtung eintritt. Neben der Freizeitnutzung als Badegewässer - vor allem im Zusammenhang mit unmittelbar angrenzender Wochenendsiedlung und Campingplatz - wird das Gewässer durch Freizeitangler genutzt. Das Altwasser ist ganz dem Naturschutz gewidmet, nicht ausgekiest und im Mittel etwa zwei Meter tief; seine Maximaltiefe beträgt vier Meter.
Algenwachstum führte zu Badeverboten
Vermehrtes Algenwachstum führte in der Vergangenheit zu Sauerstoffknappheit in der Tiefe des Baggersees und des Ochsenfelds während der Sommermonate und zu einem „Umkippen“ des Sees (völlige Sauerstofffreiheit) bei der herbstlichen Abkühlung. Erhöhte Phosphorgehalte im Gewässer bilden die Hauptursache des übermäßigen Algenwachstums. Dabei waren vor allem die so genannten Blaualgen (Cyanobakterien) mit hohen Biomassen vertreten.
Zahlreiche Arten können dabei Toxine bilden, weshalb in den Jahren 2013 bis 2018 teilweise oder ganzjährig Badeverbote ausgesprochen werden mussten. Die Ursachen für die erhöhten Phosphorwerte sind quantitativ schwer ermittelbar. Erhöhte Phosphor-Gehalte im Grundwasser weisen auf landwirtschaftliche Quellen hin. Auch über Gräben und Abschwemmungen kann es zu Einträgen kommen. In der Vergangenheit war die unsachgemäße Abwasserentsorgung des Naherholungsgebiets sowie eine erhöhte fischereiliche Nutzung (Karpfenbesatz) möglicherweise an der Eutrophierung beteiligt. Diese „historischen“ Lasten werden bei dem extremen Sauerstoffschwund in den letzten Jahren vermehrt auch aus den Sedimenten freigesetzt (Phosphorrücklösung).
Maßnahmen zeigen Erfolge
Zur Verbesserung der Wasserqualität wurden verschiedene Maßnahmen durchgeführt.
So wurde neben der geregelten Abwasserbeseitigung (Kanalbau) eine Windschneise zur Frischluftzufuhr und natürlichen Erhöhung des Sauerstoffeintrags geschaffen.
Ebenso wurde eine Reduktion des Karpfenbestandes durchgeführt.
Als weitere Restaurierungsmaßnahme wurde 2017 eine Tiefenwasserentnahme installiert. Diese pumpt während der sommerlichen Temperaturschichtung im See das sauerstofffreie, nährstoffreiche Tiefenwasser ab, während ohne diese Maßnahme nur oberflächennahes, sauerstoffreiches Wasser über einen Durchlass abläuft. Das Tiefenwasser wird an der zweittiefsten Stelle (blau markiert in der Übersichtskarte) entnommen und über eine 2 km lange Rohrleitung bis in den Rhein geleitet. Der Einfluss der Entnahme des Tiefenwassers mit bis zu 45 L/s auf den Wasserstand des Baggersees kann nur zum Teil durch nachströmendes Grundwasser ausgeglichen werden. Daher wird bei niedrigen Wasserständen der Durchlass vom Ochsenfeld zum Kiefweiher geschlossen.
Die Balkengrafik zeigt, dass die Phosphor-Konzentrationen seit 2008 nahezu jährlich anstiegen. Waren es 2007 noch um die 40 µg/L wurde im Jahr 2015 eine Rekordkonzentration von 120 µg/L erreicht. Nach dem Start der Tiefenwasserentnahme im Jahr 2017 ist eine deutliche Phosphorreduktion zu verzeichnen. Die aktuellen Messwerte im Jahr 2019 ergaben eine mittlere Phosphorkonzentration von 24,8 µg/L. Durch Entnahme des phosphorhaltigen Tiefenwassers wurden in zwei Jahren etwa 140 kg Phosphor entnommen. Der Erfolg der Tiefenwasserableitung zeigt sich auch in einer deutlich verbesserten Sauerstoffversorgung und in deutlich erhöhten Sichttiefen, so dass auch wieder nennenswertes Wasserpflanzen-Wachstum möglich war. Nicht zuletzt konnte 2019 wieder während der gesamten Badesaison bedenkenlos gebadet werden. Neben der Gesamt-Biomasse des Planktons ging auch der Anteil der Blaualgen von > 80 % auf < 10% deutlich zurück.
Entscheidend für den langfristigen Erfolg der Maßnahme wird jedoch die Minderung der Einträge sein. Ohne diese wird sich nach einem Ende der Tiefenwasserentnahme relativ schnell wieder ein ähnlich ungünstiger Zustand einstellen.
Bislang nicht betroffen von der Verbesserung ist das flache Altwasser, in dem nach wie vor Cyanobakterien in sehr hohen Dichten dominieren.
Neben der dort stattfindenden oberflächennahen Belüftung sollen ab 2020 weitere Maßnahmen eingeleitet werden, um dort zukünftig Fischsterben (wie zuletzt 2015) zu vermeiden und um dieses naturschutzfachlich wertvolle Teilgewässer wieder in einen guten ökologischen Zustand zu versetzen.
Ihre Ansprechpartner
Referat Gewässerökologie, Fischerei
Dr.-Ing. Wolfgang Frey
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E-Mail: Wolfgang.Frey(at)lfu.rlp.de
Sandy Sobieray
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E-Mail: Sandy.Sobieray(at)lfu.rlp.de