Artenschutzprojekt „Kleine Flussmuschel"

Vorkommen

Kleine Flussmuschel (Unio crassus)

Die Kleine Flussmuschel (Unio crassus) ist von den vier Weichtierarten die am stärksten bedrohte. In Rheinland-Pfalz war Unio crassus früher in den Bächen der Vorderpfalz und Rheinhessens sowie im Nahe-Einzugsgebiet flächendeckend, im Rhein-, Lahn-, Sauer- und Moselgebiet weit verbreitet anzutreffen. Weitere Funde liegen im Taunus, Westerwald, Pfälzerwald, Hunsrück und in der Eifel. Selbst heute findet man noch Schalenklappen der Art in zahlreichen Fließgewässern des Landes. Heute ist sie nur noch (oder bereits wieder) in Rhein, Mosel, Sauer und Our sowie an wenigen weiteren Orten in kleineren Bächen anzutreffen und hat somit fast ihr gesamtes Verbreitungsareal verloren. Angesichts der historisch lückenhaften Erfassung im Land und der Verbesserung der biologischen Situation vieler Fließgewässer ist eine genauere Untersuchung ihrer aktuellen Verbreitung weiterhin notwendig.

Eine Verbreitungskarte der Vorkommen in Rheinland-Pfalz finden Sie hier.

Gefährdung

In der Roten Liste Deutschlands und in Rheinland-Pfalz wird Unio crassus als vom Aussterben bedroht eingestuft.

[Der Stand der Roten Listen ist den Quellenangaben in ARTeFAKT zu entnehmen.]

Die Ursachen für diese Verluste liegen überwiegend in der unzureichenden Wasserqualität der besiedelten Gewässer über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren (nach 1950) begründet, in dem zahlreiche Populationen erloschen sind. Aber selbst wenn die Wasserqualität mittlerweile verbessert wurde, wirken die „Altlasten“ dieser Periode in den Substraten der Gewässersohle bis heute nach.

Ein weiterer Hauptgrund ist die Biotopvernichtung durch Gewässerausbau und Gewässerunterhaltung (Ausbaggerung). In stauregulierten Gewässerabschnitten treten die teilweise übermäßige Verschlammung des Lebensraumes, die Wassererwärmung und die nachteiligen Folgen eines Schwallbetriebes als zusätzliche Gefährdungsfaktoren auf.

Als bedeutender Fressfeind ist der Bisam zu nennen, der die lebenden Tiere ertaucht, ans Ufer bringt und sie nach dem Verenden auffrisst. Hinzu kommen gravierende Einschnitte in die Wirtsfischfauna. So wurde z. B. in Deutschland einer der Hauptwirte in Niederungsbächen, der Döbel, durch „Hegefischen“ in zahlreichen Gewässern über Jahrzehnte stark dezimiert. Die Bestände eines zweiten wichtigen Wirtes, der Elritze, wurden durch Einsetzungen der Regenbogenforelle lokal stark dezimiert. Zumindest in der Our ist dies nicht mehr der Fall, sodass für Unio crassus hier dieser limitierende Faktor entfällt.

Zu den übrigen Gefährdungsursachen gelten die gleichen Aussagen, die bei der Flussperlmuschel getroffen wurden, wobei jedoch die Wirtsfisch-Dezimierung und die Gefährdungen im Substrat geringer sind, da ein breiteres Wirtsfisch-Spektrum zur Verfügung steht und die Dauer der Phase im Sohlensubstrat kürzer ist. Nachteiliger wirkt sich hingegen die relative Kurzlebigkeit aus, die bedingt, dass viele Populationen innerhalb einer relativ kurzen Verschmutzungsphase von 15 bis 20 Jahren erlöschen konnten. Dies traf vor allem für die Niederungsbäche des Rheingebietes und der Vorderpfalz zu, die aufgrund des Druckes der zunehmend technisierten Landwirtschaft, der auflebenden Industrialisierung und der wachsenden siedlungswasserwirtschaftlichen Belastung in den 50er- bis 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts ökologisch weitestgehend entwertet wurden.

Schutz

Unio crassus gehört zu den streng geschützten Arten nach § 7 des Bundesnaturschutzgesetzes. Die Kleine Flussmuschel (Unio crassus) ist in der EU-Richtlinie "Fauna, Flora, Habitate (FFH)" in Anhang II und Anhang IV zu finden. Sie zählt zu den Zielarten der FFH-Richtlinie in Rheinland-Pfalz, für die ein Artsteckbrief erstellt wurde.

1. Untersuchung aller noch potentiell geeigneten Gewässer im Kreis (z. B. anhand der Ergebnisse der Gewässerstruktur- und der Gewässergütekartierung) auf aktuelle oder ehemalige Vorkommen von Unio crassus.

2. Sicherung und ggf. Verbesserung der Wasserqualität sowie der Gewässerstruktur in und oberhalb von als besiedelt festgestellten Gewässerabschnitten und deren Einzugsgebiet.

3. Bei Vorkommen einer lebenden Population von Unio crassus:

  • Feststellung der aktuellen Wirtsfisch-Situation und ggf. deren Verbesserung durch gezielte Besatzmaßnahmen.
  • Feststellung der Bestandsgröße, der Populationsstruktur und der Verteilung; ggf. Verbesserung letzterer durch gezieltes Zusammensetzen der Restpopulation, um den Befruchtungserfolg zu sichern.
  • Untersuchung der Beschaffenheit und Qualität der hyporhäischen Interstitialräume und des Porenwassers.
  • Verbesserung des Feingeschiebes (Grobsand >0,63 mm Ø bis Grobkies <63 mm Ø) durch die Anlage von Geschiebedepots unterhalb von Wehren.
  • Verbesserung der biologischen Durchgängigkeit durch mittelfristigen Rückbau der Wehre zu flachen rauen Rampen.
  • Hinweis auf die Besonderheit des Vorkommens durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit zur Integration der Bevölkerung in die Schutzkonzeption.
  • Strikte Kontrolle von erlassenen Schutzvorschriften und Gesetzen und ggf. rigorose Ahndung von Verstößen.
  • Förderung des lockeren Bewuchses des Gewässerrandes mit Erlen zur Gewässerbeschattung.

Zur Einschätzung der Situation der Art wurde neben dem Artenschutzprojekt Weichtierarten eine Schutzkonzeption für prioritäre Weichtierarten gemäß FFH-Richtlinie erstellt, in der u. a. ausführliche Maßnahmenkataloge mit Monitoring-Vorschlägen für alle Arten erarbeitet wurden.

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