Die invasiven gebietsfremden Arten der Unionsliste der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014
"Mit der fortschreitenden Globalisierung der Märkte und der Zunahme des weltweiten Handels und Warenaustausches sowie des Fernreiseverkehrs wächst das Auftreten von Arten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Ein kleiner Teil dieser gebietsfremden Arten erfordert im Naturschutz unsere besondere Aufmerksamkeit, da sie heimische Arten in ihrem Bestand gefährden können. Der bisherige europäische Rechtsrahmen zur Abwehr und zur Kontrolle der so genannten invasiven gebietsfremden Arten war fragmentarisch und in seiner Wirksamkeit sehr begrenzt.
Am 1. Januar 2015 ist nach langen Vorarbeiten und Verhandlungen die „Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten“ in Kraft getreten und gilt in den einzelnen Mitgliedstaaten unmittelbar. Mit dieser neuen EU-Verordnung über invasive Arten steht neben der FFH-Richtlinie und der Vogelschutz-Richtlinie ein weiterer zentraler europäischer Rechtsakt für die Erhaltung der Biodiversität zur Verfügung, dem zukünftig eine große praktische Bedeutung zukommen wird. Das wichtigste Instrument der neuen Verordnung ist eine rechtsverbindliche „Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung“, die für die gelisteten Arten ein Verbot von Einfuhr, Haltung, Zucht, Transport, Erwerb, Verwendung, Tausch und Freisetzung festlegt. Darüber hinaus sind weitere Verpflichtungen zur Identifizierung der Einbringungs- und Ausbreitungspfade, zur Einrichtung von Überwachungssystemen, zur Minimierung von Auswirkungen schon weit verbreiteter und zur Tilgung sich neu etablierender invasiver Arten von unionsweiter Bedeutung vorhanden.
Am 3. August 2016 ist die erste Unionsliste mit 37 invasiven Pflanzen- und Tierarten in Kraft getreten. Unter den 37 invasiven Arten befinden sich einige Arten, die schon seit langem in Deutschland wild lebend vorkommen. Andere hingegen sind bisher nur Expertinnen und Experten bekannt, da sie entweder in Europa noch nie beobachtet worden sind oder nur sehr selten im Handel angeboten werden. Da der Erfolg der EU-Verordnung dem Vorsorgeprinzip folgend sehr stark vom Engagement aller Beteiligten - Handel, Transport, Verkehr, Behörden und Öffentlichkeit - und vom frühzeitigen Erkennen dieser invasiven Arten in der freien Natur abhängt, hat das Bundesamt für Naturschutz zeitgleich mit dem Inkrafttreten der ersten Unionsliste als BfN-Skripten Band 438 ein Kompendium über die 37 Arten herausgegeben, das zwischenzeitlich in der fünften Auflage erschienen ist. Schwerpunkt sind Informationen zum Vorkommen der Arten in Deutschland, zum Aussehen, zu Verwechslungsmöglichkeiten sowie allgemeine Hinweise zu möglichen Beseitigungs- und Kontrollmaßnahmen. Zusätzlich wird jede Art mit charakteristischen Habitus- und Detailfotos sowie mit einer Verbreitungskarte mit vorhandenen Nachweisen in Deutschland vorgestellt.
Durch das Inkrafttreten der ersten Ergänzung der Unionsliste um 12 invasive Arten am 2. August 2017 führt das Bundesamt für Naturschutz das erfolgreiche Konzept des Kompendiums mit einer entsprechenden Erweiterung und Aktualisierung des Erkenntnisstandes zu den ersten 37 invasiven Arten fort. Das Kompendium ist eine wichtige Grundlage, um aufdas Thema übergreifend aufmerksam zu machen und gleichzeitig den zuständigen Behörden und Akteuren Hilfestellung beim Erkennen der invasiven Arten von unionsweiter Bedeu-tung zu geben."
Prof. Dr. Beate Jessel
Bundesamt für Naturschutz Bonn